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Projekt draußenSein: „Wir wollen Familien und Kinder zurück in die Natur holen“

Lange Schultage, Internet und Angst vor Verletzungen - es gibt viele Gründe, weshalb immer mehr

Kinder lieber zuhause in der Wohnung sitzen, als in der Natur zu spielen. Mit dem Projekt „draußenSein“ soll sich das im Landkreis ändern.

Auf einer Internetseite sollen viele Angebote in der Natur verö‚entlicht werden. Außerdem wollen die Projekt-Partner Lehrern und Eltern die Natur schmackhaft machen. Wie genau das gehen soll, hat uns Projektmanagerin Celine Sorgatz erzählt, die vor wenigen Tagen ihr Amt angetreten hat.

Frau Sorgatz, worum geht es bei dem Projekt „draußenSein“?
Celine Sorgatz: „Das Projekt wird vom EU-Fördertopf LEADER bezuschusst und ist vom Runden Tisch Umweltbildung im Landkreis Fürth e.V. mit Unterstützung des Vereins 1-2-3 e.V. initiiert worden. Als finanzielle Unterstützer sind außerdem die Landkreis- und die Sparkassenstiftung mit im Boot. Außerdem beteiligen sich die teilnehmenden Gemeinden finanziell daran. Ziel ist u.a., eine Internet- Plattfom zu erstellen, auf der viele Umweltbildungs-Angebote im Landkreis Fürth zu finden sind.

Wer wissen will, was man in der kommenden Woche in der Natur unternehmen kann, findet auf dieser Webseite künftig gesammelt Veranstaltungen verschiedener Anbieter. Gleichzeitig wollen wir auch dazu anregen, generell mehr in der Natur zu unternehmen. Wir wollen Eltern sowie Lehrerinnen und Lehrer dazu animieren, öfter mit den Kindern ins Freie zu gehen, wo man ja sehr viel unternehmen kann. Die
Natur soll wieder mehr geschätzt werden.“

Wann wird die Internetseite starten?
Celine Sorgatz: „Voraussichtlich in ein bis zwei Monaten. Wir werden im Landkreismagazin natürlich den Start bekanntgeben und z.B. auf Facebook auf die neue Homepage und ausgewählte Veranstaltungen
hinweisen.“

Welche Gemeinden beteiligen sich an dem Projekt?
Celine Sorgatz: „Bislang sind neun Kommunen dabei: Obermichelbach, Tuchenbach, Veitsbronn, Langenzenn, Seukendorf, Wilhermsdorf, Cadolzburg, Großhabersdorf und Roßtal. Es wäre natürlich schön, die restlichen vier Gemeinden aus dem Landkreis auch noch ins Boot zu bekommen.“

Wie ist die Idee für „draußenSein“ entstanden?
Celine Sorgatz: „Federführend war Raymund Filmer vom Runden Tisch Umweltbildung für das Projekt verantwortlich. Seit 15 Jahren hat er schon so etwas im Sinn. Der Name „draußenSein“ geht wiederum
auf Andreas Lessmann von der Unteren Naturschutzbehörde zurück, der auch den Fachbereich Kind und Natur im Verein 1-2-3 leitet.“

Was sind Ihre ersten Aufgaben als Projektmanagerin?
Celine Sorgatz: „Es geht jetzt zunächst darum, alle Angebote und alle Anbieter zu bündeln und auf der Internetseite zu veröffentlichen. Danach würden wir gerne an Elternabenden teilnehmen, um die Eltern davon zu überzeugen, dass es sich lohnt, mit den Kindern raus in die Natur zu gehen. Wir wollen ebenso mit den Schulen in Kontakt treten, um herauszufinden, warum viele Lehrer die Angebote der Umweltbildung nicht nutzen. Denn wir stellen fest, dass Lehrer immer seltener Unterricht im Freien machen. Das ist sehr bedauerlich. Im Februar 2018 soll die große Auftaktveranstaltung des Projektes stattfinden. Wir planen dazu eine Art Messe, bei der viele Umweltbildungs-Angebote vorgestellt werden. Wir wollen auch verschiedenste Spiele und Angebote an diesem Tag anbieten, um Familien mit Kindern zum Kommen zu animieren.“

Ist es denn erwiesen, dass Kinder weniger draußen sind?
Celine Sorgatz: „Es gibt dazu verschiedene Studien, die das belegen (sh. „Last Child in the Woods - Saving Our Children From Nature-Deficit Disorder“ von Richard Louv oder „Jugendreport Natur 2016“ von Brämer, Koll und Schild). Auffällig ist, dass vor allem Lehrer weniger mit den Kindern draußen sind als früher. Das liegt vermutlich auch daran, dass der sehr strenge Stundenplan das kaum mehr zulässt. Es ist aber auch festzustellen, dass Eltern und ihre Kinder weniger im Freien sind. Es gibt die unterschiedlichsten Ängste, wie etwa man soll nicht alleine in den Wald gehen, die Angst vor Zecken oder dass man sich verletzen könnte. Früher gab es diese Ängste einfach weniger. Die Kinder früherer Generationen haben ihr Leben draußen verbracht. Natürlich spielt auch die viele Technik eine Rolle, dass Kinder weniger ihr Zimmer verlassen und lieber vor dem Computer oder Fernseher sitzen. Und nicht zuletzt sind die Schultage länger und allgemein anspruchsvoller geworden.“

Wie wollen Sie Eltern diese Sorgen nehmen?
Celine Sorgatz: „Wir wollen unter anderem dazu anregen, dass sich die Anbieter von Veranstaltungen weiterbilden - zum Beispiel, dass sie sich in Erster Hilfe auskennen. Es gibt verschiedene Zertifikate, die man hierfür erwerben kann. Eltern können dann sicher sein, dass ihre Kinder in guten Händen sind, wenn im Freien gespielt wird. Wir planen außerdem in Kooperation mit einer Schulklasse Beispiele für einen gelungenen Unterricht im Freien aufzuzeigen. Andere Schulen können sich das dann anschauen, um zu sehen, was alles möglich ist.

Eltern wiederum müssen begreifen, wie wichtig Natur für ihre Kinder ist und dass viele Ängste nicht unbegründet, aber vielleicht übertrieben sind. Das geht nur mit einem überzeugenden Angebot und Veranstaltern, denen sie ihre Kinder gerne anvertrauen und an dem auch sie selbst teilnehmen wollen. Umweltbildung ist weit mehr als nur Unterricht im Freien. Es geht um die (kindliche) Entwicklung, um das Erleben von echter Natur mit allen Sinnen - Sehen, Hören, Riechen, Fühlen - und dem sich daraus entwickelnden Begreifen und Verstehen von den Beziehungen und Zusammenhängen in der Natur. Letztendlich soll daraus auch der Gedanke der Nachhaltigkeit gefördert werden – nicht nur bei Kindern.“

Gibt es genug Angebote im Freien, damit Sie die neue Internetseite mit Inhalten füllen können?
Celine Sorgatz: „Es gibt schon sehr viele Angebote, etwa vom Bund Naturschutz, dem Landesbund für Vogelschutz und dem Spielmobil des Landkreises. Auch für Erwachsene zählen dazu etwa Vogelstimmen- Wanderungen und Fledermaus- Führungen. Darüber hinaus gibt es sehr viele Einzelpersonen, die etwas anbieten, als Beispiel seien Märchenerzählerinnen genannt. Es gibt ein großes Angebot, das aber von der Öffentlichkeit gar nicht so wahrgenommen wird. Meistens kennen nur Menschen diese Veranstaltungen, die sowieso schon sehr viel in der Natur unterwegs sind. Wir wollen dazu beitragen, dass noch sehr viel mehr Leute Spaß in und an der Natur finden.“

Wer sind die Zielgruppen von „draußenSein“?
Celine Sorgatz: „Zum einen werden Bildungseinrichtungen wie Schulen, Kitas und die Volkshochschulen angesprochen. Aber auch Familien und Erwachsene zählen zu den Zielgruppen der Umweltbildung. Schulen und Kitas sind dabei in vielfacher Hinsicht für die Umweltbildung von Bedeutung, da sie nicht nur die Kinder, sondern auch die Eltern und Großeltern erreichen. Hier müssen zuerst die Lehrkräfte und Erzieherinnen überzeugt werden, dass Umweltbildung draußen stattfinden sollte. Schulen und Kitas sind vor diesem Hintergrund wertvolle Multiplikatoren, damit unsere Angebote im Freizeitbereich nicht nur von denjenigen angenommen werden, die sowieso schon überzeugt sind und immer schon an solchen Veranstaltungen teilnahmen.“

Waren Sie als Kind viel draußen?
Celine Sorgatz: „Ich habe mich schon immer gerne in der Natur aufgehalten. Dazu eine kleine Anekdote: Als ich sieben Jahre alt war, haben meine Eltern einen Waldgeburtstag für mich und meine Freunde organisiert. Und dazu hatten sie Raymund Filmer engagiert. Jetzt nach all den Jahren haben ich ihn wieder innerhalb des Projekts „draußenSein“ getroffen - da schließt sich der Kreis. Das ist wirklich ein toller Zufall. Der Waldgeburtstag war jedenfalls Umweltbildung, die funktioniert hat. Ich wurde Biologin und kümmere mich jetzt in den nächsten drei Jahren um das Projekt „draußenSein“ in Teilzeit. Darüber hinaus arbeite ich in Würzburg bei der Höheren Naturschutzbehörde der Regierung von Unterfranken.“

Frau Sorgatz, vielen Dank für diese Informationen und viel Erfolg für das Projekt (rb)

Wer sich für „draußenSein“ interessiert oder ein Angebot für die neue Internetseite hat, kann sich direkt an Celine Sorgatz per Mail wenden:
draussensein@umweltbildung-LKRFuerth. de